
In der Landwirtschaft arbeitet man hauptsächlich mit spezialisierten, leistungsstarken Rassen für die Eier- oder Fleischproduktion. Doch die Brüder der Legehennen können nicht so schnell und nicht so viel Fleisch ansetzen. Weil man für die männlichen Tiere keine Verwendung hat, werden sie in der klassischen Eierproduktion nach dem Schlüpfen standardmässig sofort getötet.
Nur: Das Kükentöten ist auf Bio Suisse zertifizierten Betrieben ab 2026 verboten. Für den Biohof Glauser in Wichtrach kein Problem: Hier werden schon seit 2021 keine Küken mehr getötet.
«Die Hühnerfamilie
ist bei uns wieder vereint.»
Martina Beutler, Biohof Glauser
Schluss mit dem Kükentöten
Das Kükentöten ist ein weltweites Problem. Der Ursprung hängt mit dem Züchtungsfortschritt und den Leistungsrassen zusammen. Entweder setzen Produzierende auf Masthühner für die Fleisch- oder auf Legehennen für die Eierproduktion. Die Masttiere setzen rasch viel Fleisch an. Dabei werden männliche und weibliche Tiere genutzt. Bei der Eierproduktion ist es anders: Legehennen setzten nicht so viel Fleisch an, legen aber viele Eier. Die männlichen Tiere können jedoch weniger schnell Fleisch ansetzen und werden darum nach dem Schlüpfen getötet. Damit ist in der Bio-Eierproduktion ab 2026 Schluss.
Die männlichen Küken dürfen nicht mehr direkt nach dem Schlüpfen getötet werden.
Die Bruderhähne finden ihren Platz in der Herde
Auf dem Biohof Glauser werden die Hühner so gehalten wie früher: Die Bruderhähne finden ihren Platz in der Herde und können bis zur Geschlechtsreife mit den Hennen zusammen auf der Weide sein. «Die Hühnerfamilie ist bei uns wieder vereint», erklärt Martina Beutler vom Biohof Glauser.
Martina Beutler und ihr Partner Lukas Glauser haben sich für Hühner entschieden, weil sie zu ihrer Baumschule passen: Die Hühner liefern Dünger für die Bäume, sie jäten Unkraut unter den Bäumen und im Unterschied zu anderen Tieren, fressen sie die Stämme und Äste nicht an. Doch Hühnerhaltung kommt für den Betrieb nur in Frage, wenn sie auch ethisch vertretbar ist.
Mit Zweinutzungsrassen Verantwortung für die Lebewesen übernehmen
Eier und Fleisch gehören für Martina und Lukas ganz klar zusammen. Dabei setzen sie auf die Zweinutzungsrasse mit dem Namen «Coffee & Cream». Bei dieser Zweinutzungsrasse legen Hennen Eier und eignen sich danach auch als Suppenhuhn.
«Uns ist es wichtig, die Konsumentinnen und Konsumenten dafür zu sensibilisieren, Verantwortung für die Lebewesen zu übernehmen», erklärt Martina. Auf dem Biohof Glauser werden die Eier der rund 150 Hennen nur zusammen mit Fleisch verkauft. Die Produkte werden im Abonnement angeboten. Dieses bietet 5 Eier pro Woche plus zweimal Fleisch pro Abo-Dauer. Beim Start eines Abos erhalten die Kundinnen und Kunden Fleisch des Bruderhahns, der mit ca. 15 Wochen geschlachtet wird. Sieben Wochen später beginnen die jungen Hennen mit dem Eierlegen. Ab diesem Zeitpunkt sind im Hofladen 5 Eier pro Woche abholbereit. Das entspricht etwa der durchschnittlichen Anzahl Eier, die ein «Coffee & Cream»-Huhn legt. Nach rund anderthalb Jahren erhalten die Abonnenten das Suppenhuhn, also das Fleisch eines Huhns, das aufgrund des Alters nicht mehr genügend Eier legt. So schliesst sich der Kreis. «Wer Eier isst, muss auch das Fleisch von Bruderhähnen und Hühner essen», ist für Martina klar.
«Wer Eier isst, muss auch das Fleisch von Bruderhähnen essen.»
Martina Beutler, Biohof Glauser
Fleisch von Bruderhähnen hat mehr Biss
Bruderhähne sind für die Konsumentinnen und Konsumenten noch ungewohnt. Sie sind in der Regel weniger fleischig als das klassische Poulet. Das Fleisch ist allerdings sehr schmackhaft und hat mehr Biss, als dasjenige des schnell wachsenden Standardpoulets.
«Unsere ‘Coffee & Cream’-Rasse ist sehr robust und setzt viel Fleisch an. Die Tiere haben im Vergleich mit Masthühnern mehr Zeit, um Aromen zu entwickeln», erklärt Martina. Dank dieser Art von Hühnerhaltung und der robusten Zweinutzungsrasse brauchen ihre Hühner ausserdem keine Impfungen, Antibiotika oder andere Medikamente.
Labels: Wie ist ersichtlich, ob bei der Eierproduktion männliche Küken getötet wurden?
Es gibt unterschiedliche Labels, die kennzeichnen, dass für die Produktion von Eiern oder Fleisch keine männlichen Küken getötet wurden: Bio Knospe-Produzierende kennzeichnen ihre Eier mit dem Label «Hahn wie Henne», Coop mit «für Henne & Hahn» sowie «Zweinutzungshuhn» und Migros mit «Aus Liebe zu den Küken». Eier von Demeter-Höfen sind mit «Hahn im Glück» ausgezeichnet. Zudem gibt es das Label «Henne & Hahn» mit Eiern von Farmy, Gallina, eiermaa und hosberg.
Ethische Eierproduktion: Die Eier sind teurer
Derzeit bedeutet die Aufzucht der Bruderhähne für Produzentinnen und Produzenten einen grösseren Aufwand, mehr Futter und langsamere Gewichtszunahme. Nur: Damit Ethik und Tierwohl nicht länger auf der Strecke bleiben, muss auch die wirtschaftliche Bilanz stimmen. Die Konsumentinnen und Konsumenten entscheiden darüber, wie mit Hennen und Hähnen umgegangen wird. Pro Ei zahlen Kundinnen und Kunden bei Martina Beutler 1.30 Franken. Bei Coop kostet ein Ei 80 Rappen. «Unsere Kundinnen und Kunden sind aber bereit, diesen Preis zu bezahlen, wenn wir ihnen damit ein Produkt anbieten können, hinter dem sie ethisch stehen.»
Wer ab 2026 Schweizer Bio-Knospe-Eier kauft, unterstützt das Tierwohl und eine ethische und nachhaltige Eierproduktion. Beim Biohof Glauser ist das schon seit Jahren möglich.
«Der Zugang zu Bruderhahnfleisch sollte zukünftig einfacher und vielfältiger werden. Nur so kann es verstärkt in der Gastronomie und im Grosshandel verwendet werden.»
Kevin Wüthrich, Küchenchef, Restaurant Dampfschiff, Thun
Bruderhahnfleisch in der Gastronomie
Wer den Bruderhahn nicht selbst kochen will, kommt beispielsweise im Restaurant Dampfschiff in Thun auf seine Rechnung: Immer wieder kommt Bruderhahnfleisch auf die Speisekarte. Küchenchef und Inhaber, Kevin Wüthrich, ist es wichtig, Bruderhahnfleisch zu kochen. Schliesslich ist das nicht nur nachhaltig, sondern auch eine Möglichkeit, den Tieren den verdienten Respekt zu zollen:
«Der Zugang zu Bruderhahnfleisch sollte zukünftig einfacher und vielfältiger werden, damit es verstärkt in der Gastronomie und im Grosshandel verwendet werden kann. Produkte wie Brust, Ragout, Brustgeschnetzeltes, Nuggets, Burger, Hackfleisch und Knochen bieten nicht nur eine breite Palette an Verarbeitungsmöglichkeiten. Sie tragen auch dazu bei, den gesamten Wert des Tieres zu nutzen. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Lebensmittelverschwendung und fördern eine nachhaltige Lebensmittelproduktion.»
Rezepte für Suppenhuhn und Bruderhahn
Rezepte von «Huhn & Hahn»
Die Rezepte sind speziell an die Fleischqualität von Rassehühnern und Zweinutzungshühnern aus ökologischer Zucht angepasst.
Knospe-Rezept von Bio Suisse
Crispy panierte Schenkelsteaks vom Bio-Bruderhahn
Bezugsquellen für Bruderhahnfleisch
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