In der Produktionsstätte von Wild Foods

An einem Montagmorgen treffe ich in der neuen Produktionsstätte von Wild Foods auf eine durchwegs lockere und kollegiale Atmosphäre – und auf Juval, den Geschäftsführer. Was in Frutigen als Start-up begann, wird seit gut einem Jahr in grösserem Umfang in Uetendorf weitergeführt. Das Start-up-Feeling hält an und ist allgegenwärtig spürbar: Die Kaffeemaschine läuft auf Hochtouren, die Mitarbeitenden tauschen Wochenendstorys aus und eine hinter den Arbeitsplätzen schwebende Hängematte lädt zum Verweilen ein…

«Als klassischer Foobie liebe ich es, in der Küche zu tüfteln»

Juval Kürzi, Geschäftsführer Wild Foods

Eine Erfolgsgeschichte ohne Plan

«Ich hatte nie das Ziel, den grossen Durchbruch zu schaffen. Als klassischer Foobie liebe ich es, in der Küche zu tüfteln», so der seit acht Jahren vegan lebende Hobby-Koch begeistert. Angefangen haben die ersten Herstellungsversuche der Fischalternative aus Karotten mit einem Räucherofen in der Küche von Futur Naturprodukte in Frutigen, für welche Juval als freischaffender Grafiker tätig war. Das war zu Beginn der Corona Pandemie im Frühling 2020. Das von Juval mit einem Kollegen bis dato geführte Catering verlor praktisch von heute auf morgen sämtliche Aufträge. «Was blieb mir anderes übrig als die neu gewonnene Zeit sinnvoll in eine mir lieb gewonnene Tätigkeit zu investieren?», sinniert Juval. Bis der erste Lockdown vorüber war wurde geräuchert, getüftelt und gepröbelt. Verkauft wurde der «Oberländer-Rüebli-Lachs» in den darauffolgenden Sommermonaten in einem Food Truck. Das Experiment fand von Anfang an grossen Anklang! Danach ging’s etwas blauäugig und ohne jegliche Erwartungen an eine vegane Messe nach Zürich – mit Riesenerfolg. Juval lässt Revue passieren: «Der vegane Rüebli-Lachs schlug voll ein und Coop, Migros und das SRF haben uns die Bude eingerannt! Alle wollten wissen, was es mit dieser Oberländer-Spinneridee, dem veganen Lachs, auf sich hat.» Auch wenn keineswegs auf einen solch fulminanten Ansturm vorbereitet und weit entfernt von jeglichen Business- und Finanzplänen: Mit «ein bisschen Pröbeln und sich die Zeit vertreiben» kann’s also auch gehen!

So wurde auch die ursprüngliche Idee, drei bis vier Bio-Läden im Berner Oberland zu beliefern, schnell revidiert – denn der «grosse Coup» schien zum Greifen nah! Juval schloss sich mit Oli, seinem ehemaligen Catering-Geschäftspartner zusammen und fortan war Wild Foods geboren. Oli brachte IT- und Finanzkenntnisse mit und bündelte die losen Ideen von Juval zu einem Geschäftsmodell, welches den Detailhandel und den Bio-Fachhandel überzeugte. Noch im gleichen Jahr der ersten Versuche lieferte Wild Foods bereits erste Produkte an den Detailhändler Coop.

Im Markt bestehen und sein Plätzli finden

Heute beschäftigt Wild Foods 15 Mitarbeitende (8 Vollzeitstellen) und verarbeitet wöchentlich rund vier Tonnen Bio-Karotten. Das Unternehmen entwickelte sich in kurzer Zeit stark– dabei stets mit Fokus auf ein nachhaltiges Wachstum und eine sichere Integration des Unternehmens am Markt. Denn: umgeben von anderen veganen Fisch- und Fleischalternativen weht ein starker Wind. Der Konkurrenzkampf am Markt ist insbesondere aufgrund der preiswerteren Produktlinien spürbar. Bei Wild Foods stehen die hohe Bio-Rohstoffqualität und der Genuss des veganen Lachs aus dem Premium Segment im Zentrum. Nichtsdestotrotz soll der Produktpreis mittelfristig durch optimierte Produktionsschritte sinken. Und Juval ergänzt: «Unsere Rolle im Markt ist noch nicht gegeben». Und mit Coop als stärkster Kunde besteht eine gewisse Abhängigkeit und ein Klumpenrisiko. So möchte sich Wild Foods künftig breiter aufstellen und vermehrt mit der Gastronomie und lokalen Bäckereien zusammenarbeiten. Breiter soll auch in die Produktpalette investiert werden: So ist seit einigen Monaten eine vegane Trockenfleischalternative aus geräuchertem Bio-Randen erhältlich. Weitere Ideen bleiben geheim… und wir erfahren bestimmt bald davon!

«Der vegane Rüebli-Lachs schlug voll ein und Coop, Migros und das SRF haben uns die Bude eingerannt!»

Juval Kürzi, Geschäftsführer Wild Foods

Begeisterung ist deutlich spürbar

Nach zwei Stunden verlasse ich die Produktionsstätte mit vielen Eindrücken und bestens gelaunt: Der allgegenwärtig spürbare «Wild-Foods-Enthusiasmus» wirkt angesteckt. Die Begeisterung für Lebensmittel ist deutlich spürbar, von den Produktionsmitarbeitenden bis zur Geschäftsführung: die Foobie’s tummeln sich überall. Uns freut’s, wenn ein Unternehmen erste grosse Schritte auch fernab von ausgefeilten Strategien und Marktanalysen beginnen kann. So oft sind es Tüfteleien und Spinnereien, die mit dem nötigen Quäntchen Zufall ins Rollen kommen. Und wer weiss, wohin die Reise von Wild Foods noch gehen wird!

Juval Kürzi (36) ist und bezeichnet sich selbst als richtiger «Foobie»: Die Produkte von Wild Foods sind gespickt mit einer Prise Verrückt- und Verspieltheit und sollen Juval’s Freude an Lebensmitteln und einer humorvollen Lebensgestaltung auszeichnen. Zusammen mit Geschäftspartner Oli betrieb er vor den Wild-Foods-Zeiten ein Catering und lebte seine Freude in der Küche täglich aufs Neue aus. Hauptberuflich war Juval als Grafiker für diverse Unternehmen im Berner Oberland unterwegs. Seine Stärken liegen in der Entwicklung von Verpackungsdesigns, Online-Auftritten und im Verkauf. Noch heute entwickelt Juval das Corporate Design von Wild Foods selbst.

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