«Näher am Puls geht nicht», ist sich Isabella sicher. Wir bieten nachhaltige und vielfältige Lebensmittel von lokalen Betrieben. «Mit unserem Pop-up wollen wir auch kleineren Betrieben eine Plattform bieten, sie in ihrem Tun unterstützen und sie vernetzen». Als Beispiel: wochentags lokales Granola zum Frühstück und am Wochenende süsse Verführungen aus Schokolade mit Foodsave-Eiern. Sechs verschiedene lokale Produzentinnen und Produzenten bieten im Bärenhunger Pop-up ein regionales und saisonales Angebot: Matchbox mit süssen und salzigen Joghurts, gmüesgarte & Idealesse mit buntem Foodsave-z‘Mittag, Bread à Porter mit gesunder Brotkultur, Bellis & Co mit köstlichen Blüten-Brownies und Biomondo mit dem vielfältigen Bio-Märit. Das Projekt wird unterstützt von Bern Unverpackt, reCIRCLE, dem Ernährungsforum Bern, Äss-Bar und Häppi Tschigg.

Mittelfristig will Bärenhunger ein genussvolles Berner Ernährungssystem schaffen und lokale Food-Akteurinnen und -Akteure vernetzen. Bereits jetzt ist es dem Verein gelungen, ein Netzwerk von engagierten Macherinnen und Machern zu bilden. Für die verbleibenden paar Pop-up Wochen soll die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure auf Platz aber noch verstärkt werden: «Wir haben gemeinsam entschieden, verschiedenen Angebote zusammenzulegen und zu jeder Tageszeit fast alles anzubieten», gibt mir Isabella Einblick in ihr momentanes Tun. «Das Pop-up kommt gut an, der Umsatz ist jedoch niedriger als erhofft. Da wir das Ganze als Experiment angegangen sind, haben wir nun die Freiheit, auf die Gegebenheiten zu reagieren und dazu zu lernen.»

Bread à porter
Bei meinem Besuch heute zu Gast im Pop-up ist Bread à porter mit verschiedenen Sauerteigbroten aus besten Rohstoffen aus nächster Umgebung. Die Brote bringen sensorische Überraschungen und bleiben lange frisch, weil sie eine gute Gärung und Fermentation haben und lange reifen. So gibt‘s auch keine Reste. Halt eben ein Brot «von hier, für hier.»

Isabella ist überzeugt: «Das Produkt muss nicht neu erfunden werden. Aber es soll sich auf sensorischer Ebene, also im Geschmack und im Geruch wie auch im ästhetischen Sinne von der Masse abheben. Das, gekoppelt mit unseren nachhaltigen, regionalen und saisonalen Produkten, die eine Geschichte erzählen, holt Menschen emotional ab.» Wichtig sei, dass diese Geschichten dann auch vermittelt werden können. Das sei an einem so gut frequentierten und schnelllebigen Ort eine nicht immer ganz einfache Angelegenheit.

Was Isabella an ihrem Projekt am meisten Freude bereitet? «Wir machen gemeinsam etwas Bedeutsames. Die Leute, die wir erreichen, die erreichen wir wirklich. Die kommen immer wieder. Und diejenigen, die mitmachen, die machen mit Freude und aus Überzeugung mit.» Das durch ein Crowdfunding finanzierte Projekt erfordere zwar viel Engagement und freiwillige Ressourcen, gebe ihr aber auch unglaublich viel Energie. Ebenso bedeutsam seien die Netzwerke, die entstehen und die Leute, die für eine gute Sache zusammengebracht werden können. Und sie ergänzt: «Damit erreichen wir zwar nicht die grosse Masse, aber kleine, wichtige Player. Das hilft uns, schrittweise voranzukommen, hin zu einem nachhaltigen und zukunftsfähigen Berner Ernährungssystem.»

Nicht jede Bernerin und jeder Berner kann sich im heutigen System nachhaltige Ernährung leisten. Und das findet der Verein Bärenhunger nicht ok. «Nachhaltigkeit umfasst für mich nebst der ökologischen auch die soziale Ebene – und meint damit eben auch Gerechtigkeit», betont Isabella. Deshalb war klar: «Im Bärenhunger Pop-Up möchten wir auch Menschen mit niedrigerem oder keinem Einkommen Zugang zu nachhaltigen und regionalen Angeboten gewähren.» So verteilt der Verein «Kirchliche Gassenarbeit Bern» Gutscheine an bedürftige Menschen, die sich dann im Pop-up ihr Essen abholen können. Finanziert werden die Mahlzeiten aus dem Crowdfunding. «Das Angebot ist gut angelaufen und wir freuen uns über jede Portion, die für die Gassenarbeit über den Tresen geht», so Isabella.

Gibt’s den auch Learnings für ein hoffentlich weiteres Pop-up? Ja, die gibt es, meint Isabella. «Wir hatten im ersten Monat jeden Tag mehrere wechselnde Angebote. Zu komplex, für einen Ort, an dem die Leute keine Zeit haben.» Der Standort sei Fluch und Segen zugleich. Die hohe Zentralität biete enorm viel Potential, aber das Angebot müsse leicht zu begreifen sein. Eine einfache Kommunikation sei deshalb besonders wichtig. «Das haben wir als Teil des Entwicklungsprozesses anerkannt. Heisst: Wir würden diesen Standort wieder wählen, aber mit einem simpleren Food-Konzept.»

Nebst personellen Herausforderungen und dem Jonglieren der unterschiedlichen Bedürfnisse der sechs Akteurinnen und Akteure vor Ort sei es auch nicht ganz einfach, die vorbeiflitzenden Leute aus einer sehr breiten Zielgruppe überhaupt in den Laden reinzuholen. Es brauche wohl mehr Aufklärung, was hier alles gekauft werden könne. «Und bestimmt gibt es auch die eine oder andere Hemmschwelle, die wir noch nicht kennen», fügt Isabella an.

Wie es nun weiter geht? «Wir sind noch bis zum 3. November da und bieten mit wenigen Ausnahmen den ganzen Tag ein einheitliches Angebot», erklärt Isabella. Und langfristig? «Das Pop-up ist ein «Probiererli» unserer Vision, des «House of Food». Hier sammeln wir Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren, damit wir eben gemeinsam ein nachhaltiges Berner Ernährungssystem aufbauen können», sagt sie, schmunzelt und huscht ab.

Bärenhunger setzt sich für eine genussvolle, innovative und nachhaltige Ernährung in der Stadt und Region Bern ein. Mensch, Tier und Umwelt werden ganzheitlich berücksichtigt. Dafür vereint Bärenhunger hungrige Bernerinnen und Berner aus Produktion, Handel, Gastronomie, Politik, Verwaltung, Bildung und Forschung. Bärenhunger schafft so ein einzigartiges, persönliches und unabhängiges Ökosystem für die zukünftige Food-Hauptstadt Bern.

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