Konkrete Befriedigung – Landwirtschaft statt Forschung

Nach einer Fahrt mit traumhafter Aussicht auf den Berner Jura treffe ich auf dem Hof Combe d’Humbert auf Rahel Kilchsperger und ihre Familie. Ich komme grad’ richtig: Alle sitzen beim Frühstück. Rahel, ihr Mann David, die drei Lernenden und die zum Hof gehörenden Nachbaren tragen alle ihren wichtigen Teil zum Hofalltag bei. Wissensgrundlage der zwei Pächter ist ein Agronomiestudium an der ETH Zürich. In den zum Studium gehörenden Praktika haben beide unabhängig voneinander an verschiedenen Orten erkannt, dass ihnen die praktische Arbeit in der Landwirtschaft eine handfestere Befriedigung bringt als die Forschung es konnte.

«Das wollte ich. Also… das Käsen. Nicht den Bart!», erzählt Rahel und schildert die erste Begegnung mit ihrem Vorgänger in ihrem Praktikum auf eben dem Hof, den sie heute bewirtschaftet. Er stand in winterlicher Stimmung mit weissem Bart in der Käserei. Das Feuer knisterte. Es roch nach warmer Milch. Rahel war begeistert.

Tagtäglich entstehen hier seither wunderbare Produkte wie das hauseigene Mehl, die hervorragenden Fleischprodukte, Gemüse, Most und eine breite Palette an herzhaften Käsespezialitäten.

Milch, Wasser, Feuer und Luft

«Heute mache ich Natur-Mutschli» erklärt Rahel und zeigt mir den Weg zur rustikalen kleinen Käserei auf dem Hof. Im Inneren hängt ein antik wirkendes «Chessi» – ein grosser Topf aus Eisen und Kupfer. Er ist bereits gut gefüllt mit der frisch gemolkenen Milch. «Unsere Kühe essen nur das, was der Hof hergibt», erklärt mir Rahel. Das heisst Gras auf der Weide im Sommer; im Winter Heu und Emd und zum Dessert manchmal ein paar Futterrüben. Kraftfutter zur Steigerung der Milchleistung sucht man hier vergebens.

Die warme Milch ist bereits geronnen, als ich eintrete. Als erstes bricht Rahel den Käsebruch, also die geronnene Milch, in Form einer Sonne – ein kleiner Gruss an den Mont Soleil, den Sonnenberg, an dessen Fuss wir uns hier befinden. Die erbsengrossen Bruchstücke für die Mutschli werden von Rahel mit der Käseharfe in geschmeidigen Bewegungen geschnitten, sodass sie später zu einem halbharten Käse zusammenfinden können. Jetzt kommt der liebste Teil des Prozesses der Käserin: Das «Füürli» wird entfacht. «Wie früher» kommt das «Chessi» auf die Feuerstelle und wird langsam erhitzt. Dabei tritt Molke aus den Bruchstücken aus; der Käsebruch wird fester. Von Hand füllt Rahel den frischen Käse in die Käseformen – 24 Mutschli à 750 g wandern an diesem Vormittag in den Käsekeller des Hofs. Die restliche Käsemasse wird zu einem 4kg schweren Hauskäse verarbeitet. Ganz dem Kreislaufgedanken der Demeter-Philosophie verpflichtet, wird die nährstoffreiche Molke den Schweinen im Stall als Futter gereicht. Molke enthält zwar kein Käseeiweiss mehr, dafür aber noch Molkeeiweiss und Milchzucker sowie Fett.

«Wir könnten wohl mit einer Hochleistungskuh ähnliche Milchmengen erwirtschaften wie mit unseren 20 Kühen.»

Rahel Kilchsperger, Pächterin Hof Combe d’Humbert

Der kleine Unterschied

«Wir könnten wohl mit einer Hochleistungskuh ähnliche Milchmengen erwirtschaften wie mit unseren 20 Kühen», erzählt mir Rahel mit einem Augenzwinkern. Der Käse, der aus dieser Milch gemacht wird, ist immer ein Unikat. Rahel gibt sich zwar Mühe, immer gleich zu käsen. Schwankungen in der Ernährung, dem Laktationsstadium der Kühe und die Jahreszeiten beeinflussen aber den Geschmack der Produkte. «Ich freue mich über alle Menschen, die Lebensmittel bewusst einkaufen und handwerklich produzierte schätzen» antwortet mir Rahel, als ich sie nach ihrer Botschaft an unsere treuen Leserinnen und Leser frage. Grundsätzlich ist ihr insbesondere der Austausch mit der Kundschaft wichtig, zum Beispiel bei Degustationen in Bio-Läden wie im Hallerladen in Bern oder bei verschiedenen Marktauftritten. Aber auch Wünsche und Fragen auf anderem Weg nimmt sie gerne auf und steigt in einen Dialog ein.

«Individuelle Päckli mit Fleisch und Käse… das bedeutet zwar viel Arbeit. Aber ich mache es gerne!»

Rahel Kilchsperger, Pächterin Hof Combe d’Humbert

Käse kaufen?
Hofprodukte können telefonisch oder per Mail bei Rahel bestellt werden: Combe d’Humbert.

Nahe bei Menschen und Natur

«Individuelle Päckli mit Fleisch und Käse… das bedeutet zwar viel Arbeit. Aber ich mache es gerne», spricht Rahel die Vermarktung ihrer Lebensmittel an. Die Mutschli mit Kümmel und Knoblauch, Tomate-Basilikum, Bockshornklee und die weiteren spannenden Varietäten sind Spezialitäten des Hofs. Aber auch das Fleisch von Tieren, die nur hofeigenes Futter essen, Lagergemüse und verschiedene Mehle vom eigenen Acker können direkt bei Rahel bestellt werden.

Rahel verpackt die Päckli für ihre Kundschaft individuell und mit viel Liebe: genauso wie auch der Hof geführt wird. Helfende Hände sind sehr willkommen und werden geschätzt.

Der Hof Combe d’Humbert ist schon für viele Lernende und Praktikantinnen und Praktikanten ein vorübergehendes Zuhause gewesen. Der gegenseitige Respekt und das nachhaltige Handeln schwingen für mich auch auf dem Nachhauseweg weiter mit.

Ich spüre die Liebe zur Natur, zum Handwerk und die natürliche Fröhlichkeit, die der Hof, die Bewohner und somit auch die Lebensmittel vom Hof ausstrahlen. Und so freue ich mich schon jetzt auf den hausgemachten Käse im Briefkasten – den Käse vom Hof Combe d’Humbert!

Rahel Kilchsperger lebt und wirkt seit 2009 auf dem Hof Combe d’Humbert gemeinsam mit ihrem Mann David. Mit ihren drei Kindern und einer weiteren Familie bewohnen und bewirtschaften sie den Bio- und Demeter-zertifizierten Hof, welcher Tiere, Getreide und Gemüse beheimatet. Rahel und David haben beide über das Studium der Agronomie an der ETH in Zürich und verschiedene Praktika aus diversen landwirtschaftlichen Betrieben ihre Liebe zur praktischen Landwirtschaft entdeckt. Rahel ist neben Familie und Haushalt primär verantwortlich für die hofeigene Käseproduktion und Vermarktung der vielen weiteren Köstlichkeiten, die auf dem Hof Combe d’Humbert entstehen.

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