An einem kalten Montagmorgen treffe ich Natalie von OHNI Thun in der Produktionsküche der TRANSfair Stiftung in Thun. Es ist viel los: Das Personal bereitet das Essen für das eigene «in house» Restaurant vor. Zwischen Fleischkäse, Mais-Burger-Patties und Suppen erspähe ich den Kochtopf mit dem, gereinigten und bereits köchelnden Bohnenbruch. Bohnenbruch? Natalie erklärt mir, dass Bohnen, die beim Waschen und Aufbereiten gebrochen und zertrümmert werden, ihren Weg in die Küchen nicht mehr finden. Aha, Foodsave – also Verhinderung von Food Waste! Mit diesem Bohnenbruch werden nun eben pflanzliche Burger-Patties hergestellt – und zugleich wird eine nachhaltige, zeitgemässe Ernährung mit pflanzlichen Burgern als Fleischalternative gefördert.

Let’s go: 1’000 Burger-Patties

Nun sollen heute mit 24 Kilogramm Bohnenbruch von Biofarm 1’000 Burger-Patties zu je 100g hergestellt werden. Das Rezept bleibt geheim. Natalie erzählt mit grossem Stolz von der Rezepturentwicklung als stetiger Prozess, der fast ein Jahr dauerte. Die einstige Idee, den Bohnenbruch im OHNI als weiteres Einzelprodukt zu verkaufen, traf auf zu wenig Interesse, der Absatz war zu gering. So entstand die Idee, die schwarzen Bohnen zu verarbeiten und als Fertigprodukt anzubieten. Dabei erwies sich vor allem das Thema «Haltbarmachung» als Knacknuss und erforderte viel Tüftelei. «Aber das schöne dabei war», so Natalie, «dass wir etwas Neues erfinden und unserer Kreativität freien Lauf lassen konnten.» Die Patties weisen einen Bohnenanteil von 75% auf, die restlichen Rohstoffe werden grösstenteils aus der Schweiz bezogen. In naher Zukunft sollen 90% der Zutaten bei lokalen Berner Bio-Produzentinnen und -Produzenten eingekauft werden: «So bleibt die Wertschöpfung in der Region», erklärt Natalie ihr für sie persönlich sehr wichtiges Ziel.

Die Experimentierküche

Nun geht es ans Mischen der Zutaten und die eigentliche Herstellung der Burger. Natalie, der Produktionsleitende Selim von der Stiftung TRANSfair, ich und einige weitere Mitarbeitende teilen uns die Arbeiten auf – eine kleine Experimentierküche: Es ist die erste grosse BOHNIs-Produktion und wir sind bedacht, die Arbeitsaufteilung stets anzupassen und möglichst effizient zu gestalten. Wer knetet? Wer sticht die Burger-Patties aus? Wer formt? Das Gewicht der einzelnen Burger soll zwischen 95g und 110g liegen.

Eine schöne Abwechslung zum Büro-Alltag. Und auch für Natalie eine Herzensangelegenheit: Sie freut sich über die Zusammenarbeit mit der Stiftung TRANSfair als regionale Produktionspartnerin und die Möglichkeit, Arbeitsplätze zu fördern und Mitarbeitenden eine spannende Tätigkeit zu bieten.

Seit über 25 Jahren bietet die Stiftung TRANSfair Menschen, die vorwiegend aus psychischen Gründen besonders herausgefordert sind, einen begleiteten Arbeitsplatz und damit eine geordnete Tagesstruktur sowie gesellschaftliche Anteilnahme. TRANSfair unterstützt und ermöglicht Menschen den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. (Quelle: Stiftung TRANSfair).

Wie geht es weiter mit den BOHNIs?

Für den Vertrieb der Burger hat OHNI mit Dinnair den perfekten Logistiker und Händler gefunden, der Tiefkühlware schweizweit vertreibt. Kundinnen und Kunden mit dem neuen Burger zu überzeugen und geschmacklich zu begeistern, das sei nun aber erste Priorität, so Natalie. Auch die lokale Gastronomie in Thun soll kurzum die ersten Burger anbieten und die Zusammenarbeit mit der Gemeinschaftsgastronomie ist eine weitere Idee. Denn: Die BOHNIs sollen sich zu einer wichtigen Absatzquelle für den Unverpacktladen OHNI entwickeln. Erträumte Absatzmenge? Über 100’000 Burger im Jahr! Das Ziel sei gewiss hoch gesetzt, aber dennoch realistisch, so Natalie. Der Food Waste-Gedanke treffe den Nerv der Zeit. Und die «Natürlichkeit» des Produkts punktet bei der veganen Community. Auch wenn der Preis mit etwas über 5 Franken pro Burger im Vergleich zu anderen pflanzlichen Patties relativ hoch ist – die «Swissness», die Bio-Qualität und die handgemachte Produktion rechtfertigen diesen. Und Natalie ist zuversichtlich, dass die Kosten mit der Produktion grösserer Mengen langfristig gesenkt werden kann.

Am Ende des Tages sind die 24 Kilogramm Bohnenbruch zu über 1’000 Burgern verarbeitet und stehen gefroren für die erste Auslieferung bereit. Ich verabschiede mich nach einem lehrreichen und spannenden Arbeitstag – überzeugt von der erfolgreichen Implementierung der BOHNIs und gespannt, wie sich die Geschichte im Berner Oberland weiterentwickeln wird – stay tuned!

Selim Halili (34), Leiter Produktion, StiftungTRANSfair: Die Stiftung TRANSfair stellt ihr Küchenpersonal und ihre organisationalen Strukturen für die Produktion und Verarbeitung von innovativen Produkten zu Verfügung und unterstütz auch Start Up’s, sofern die Produktion vorgängig getestet wurde – und Tätigkeiten enthält, die für die Mitarbeitenden gut machbar sind. Heisst: Der Prozess muss einfach verständlich sein, soll effizientes Arbeiten sicherstellen und darf weder zu aufwändig noch mit filigranen Arbeiten verbunden sein. Regelmässig Qualitätschecks dienen der Überprüfung der effizienten Arbeitsweise und der nachhaltigen Optimierung der Produktionskosten. Selim freut sich über die bereichernde Zusammenarbeit mit externen Organisationen, auch wenn aus Kapazitätsgründe immer wieder Aufträge abgelehnt werde müssen: «Externe Produktionsarbeiten sind für die ganze Belegschaft eine Abwechslung zum klassischen Arbeitsalltag in der ‘in-house’ Küche und ich kann in Sachen Produktionsverfahren und Kochtechnik jeweils dazu lernen.»

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